DER SCHÄRFSTE MOPED-RIDE ÜBERHAUPT!
- WELTWEIT –
(Reisebericht von Hannes Schmid, aus Hollabrunn am 08.07.2016)
Nach dem Motto: „WER LANGSAM FÄHRT HAT LÄNGER SPASS“
50ccm, 2 Räder, 1 Spur -
Alles was diesen Vorgaben entspricht, darf beim Ötztaler Moped-Marathon dabei sein.
Ein Mega Ride von Sölden - nach Sölden!
Der 4. Ötztaler Mopedmarathon XVI geht über:
4 Klimazonen, 2 Länder, 4 Alpenpässe, 5500 Höhenmeter und 238 Kilometer – an nur einem Tag!
Die Anmeldung zum ÖMM erfolgte online am 11.11.2015 ab 11 Uhr 11! (Kein Faschings Scherz!) In der Ausschreibung stand:
„Die Teilnehmerzahl ist mit 777 begrenzt. Die begehrten Startplätze sind an einem Tag ausverkauft! Daher ist BEEILUNG angesagt.“
Gedacht getan – wie scheinbar alle andere auch – ergibt einen mächtigen Server Absturz!
… nach zwei Tagen die Erleichterung – wir sind dabei! Inzwischen wurde von den Veranstaltern auf 1000 Teilnehmer aufgestockt.
Meine ersten Gedanken – mit was soll ich fahren und wird es fertig?
Meine Wahl fiel auf eine soeben aus dem Dornröschenschlaf wach geküsste HMW Supersport Baujahr 1956.
Es folgte ein Winter des Schraubens. Technisch neu aufgebaut blieb der Originallack erhalten. Schon fast fertig ließ eine notwendige Getriebereparatur den Termin rasend schnell näher kommen.
Donnerstag 23. Juni 2016 – Es wird ernst. 700 km Anreise - aufgeladen!
Um 15.00 Uhr starten wir zu einer Testfahrt von Sölden auf 1.368 m, zur Timmelsjoch Mautstation auf 2.175 m. (807 Höhenmeter)
Strahlend blauer Himmel und 18 Grad erwartete uns bei Europas höchsteN Motorradmuseum (Eine Woche vorher noch Schneefahrbahn!)
In den letzten Jahren haben Alban und Attila Scheiber eine der umfangreichsten und kostbarsten Sammlungen historischer Motorräder in Österreich aufgebaut.
Im Top Mountain Crosspoint entstand das etwas andere Museum, das die Herzen von Motorradfans höher schlagen lässt!
170 historische Motorräder stellen die zwei Motorradfans im Top Mountain Crosspoint, direkt an der Timmelsjoch Hochalpenstraße – der für Motorradfahrer attraktivsten Route über die Alpen – aus. Die erlesenen Exponate lassen Motorradgeschichte lebendig werden.
Als „Paten“ für das Ötztaler Prestige-Projekt gewannen die Betreiber den mit 15 WM-Titeln erfolgreichste Fahrer der Motorrad-Weltmeisterschaft Motorradlegende Giacomo Agostini.
Gezeigt werden Kostbarkeiten wie Motoguzzi, MV Augusta, Ducati, BMW, NSU, DKW, Zündapp, Triumph, Sunbeam, Norton, Matchless, A.J.S., Brough Superior, Vincent, Honda, Henderson, Indian und natürlich Harley Davidson. Neben den Zweirad-Unikaten finden auch einige exklusive Autos Platz im Museum, allesamt mit Renngeschichte. Beispielsweise ein Ferrari Californian Spider, ein Porsche 959 oder auch ein Lotus 23 B.
Freitag, 24. Juni 2016 9:00 ging es für uns zum „Checkin“.
Wir, Johannes auf PUCH MV, Andreas auf KTM und ich Hannes auf HMW, auch nicht fad, haben uns natürlich für den „Mega-Ride“ angemeldet. Der beinhaltet zusätzlich zum klassischen 238 km Samstag Marathon noch eine Zusatztour am Freitag – zum aufwärmen.
280 Rider starten um 11:11 Uhr gleichzeitig zu einer gemeinsamen 13km - Tour zum Rettenbachgletscher mit durchgehend 13 % Steigung!
Den Rettenbachgletscher endlich erreicht ging es 3 km weiter durch den höchstgelegenen Straßentunnel Europas wo wir den höchsten asphaltierten Punkt der Alpen (2.829m) erreichen. Nur wer diesen erreichte konnte sich am Tiefenbachgletscher seinen Gutschein holen und damit retour am Rettenbachgletscher sein „Weißwurst Mittagessen mit alkoholfreiem Weißbier und Brezen“ einlösen.
Nicht erahnte Strapazen verfolgten uns bis zum Ziel.
Entschädigt wurden wir mit einer unglaublichen Kulisse in der Ötztaler Gletscherwelt.
Zur gleichen Zeit trafen sich in Sölden, auf inzwischen auf 1.111 Teilnehmer aufgestockt, die restlichen 811 Rider im Eventgelände. Es erwartet sie dort ihr Checkin und ein gegenseitiges Beschnuppern der "Boliden" und deren Bereiter!
Zurück vom Gletscher wurden unsere Schlurfraketen vollgetankt und noch mal durchgecheckt.
Unsere treuen Fans reisten extra aus Villach an um mit uns am Vorabend zum Marathon noch einen gemeinsamen Abend zu verbringen.
Ab 19.00 Uhr sorgte die Live Band Mr. Nice für das richtige „Bist du Moped“ -
Partyfeeling - bis zur verbindlichen Fahrerbesprechung um 21:00 Uhr.
25. Juni 2016 4:15 Tagwache – 5:00 Frühstück - 6:00 Uhr Massenstart – In Gruppen wurden wir auf die 5500 Höhenmeter hohe und 238 Kilometer weite Strecke von Sölden - nach Sölden losgelassen.
Ach ja ehe ich es vergesse, es gab ein verbindliche Vorgabe:
Der Tempomacher Patric Grüner, ein Radfahrer, Weltmeister im Ultracycling, legte in den vergangenen Jahren die schnellste (!) Zeit vor. Ja genau, die schnellste! „Ihn darf man definitiv nicht überholen, aber das schafft eh keiner. Er fährt einen Schnitt von 28 bis 30 km/h, ein gutes Moped schafft 25 km/h. Da sind nicht einmal die Pausen mit ein gerechnet. Und davon gab es viele. Zum Essen, zum Trinken, zum Pinkeln, zum Helfen, zum Reden, zum Zündkerzen-Wechseln, zum Tanken, zum Warten, bis zum kühlen der Brems- und Pobacken.
Die Wertung:
Wenn der Letzte im Ziel ist, wird aus seiner Zeit und jener des Radfahrers (ca. 8 Stunden) die Mittelzeit ausgerechnet, und wer der am nächsten ist, ist Sieger.
Im Zielraum konnten die „Zurückgebliebenen“ über eine riesige LED Videowall mitfiebern welche Teilnehmer, wann wo welche Checkpoints gerade passiert haben.
Kühtai
Schon der erste Anstieg hatte eine Steigung von 18 Prozent – über Serpentinen ging es
im Kühtai nach oben auf 2.020m. (für manche streckenweise schiebend!?)
Bei meiner HMW stand der 1. Kerzenwechsel an. Nach der Passhöhe folgte die Abfahrt nach Innsbruck.
… und immer wieder viele, viele Zuseher am Straßenrand die uns anfeuerten und von Kaffee bis Hochprozentigen Doping versorgten!
Brennerpass
Wegen einer Kundgebung wurde wie angekündigt die Bundesstraße über den Brenner von 9.00 bis 19.00 Uhr für den gesamten Verkehr gesperrt! AUSSER für
alle die bis 12:00 Uhr irgendetwas mit dem Mopedmarathon zu tun haben. Rider und Begleitfahrzeuge die registriert wurden durften durchfahren. Alle die NACH 12.00 Uhr den Brennerpass erreichten,
konnten leider nicht mehr durch. Der Ride war so mit zu Ende! Also mussten wir uns beeilen den Brenner zu erreichen – geschafft!
Auf der italienischen Seite erwartet uns die Labestation und wir hatten jetzt bis 18:00 Uhr easy (?) Zeit um über den Jaufenpass und das Timmelsjoch zu kommen.
Jaufenpass
Mit einer zu lang gewählten Übersetzung musste ich immer früher als andere in einen niedrigeren Gang zurückschalten und somit erklomm ich die 2.094 m im 1. Gang.
Oben angelangt wurden wieder alle Teilnehmer gescannt damit keiner verloren geht. Bei einer kurzen Verschnaufpause traf ich einen belgischen Teilnehmer, auf einer von zwei teilnehmenden HMW, der mit seiner HMW 50 Z aus Belgien, 900 km auf eigener Achse angereist war!!!
Nach der Abfahrt, in St. Leonhard, Lufttemperatur im Schatten 28 Grad, war es für meine HMW vorerst einmal zu Ende. Kein Gemisch wollte den Benzinhahn passieren – dieser war vollkommen verkrustet. Kurzer Hand wurde einer der Beiden von der KTM von meinem Bruder mit meinem getauscht und schon ging es, um nicht viel Zeit zu verlieren, weiter.
Timmelsjoch
Nur knapp erreichte ich den ersten Tunnel, um mich in den Regenkombi zu quälen. – Mit einer, mich seit geraumer Zeit verfolgenden schwarzen Wolkenwand, setzte Regen ein. Bei Regen in den Tunnel hinein, erwartete mich blauer Himmel am anderen Ende und hinter der dritten Kurven wieder ein Regenschauer. Das wechselte so mit stetig fallenden Temperaturen bis zu Gipfel (2.509 m).
Bei heftigen Regen und glatter Fahrbahn ging es die Timmelsjoch Hochalpenstrasse hinunter nach Sölden ins Ziel – geschafft!!!
Die Strecke:
Sölden (1.377 m) – Längenfeld – Umhausen – Oetz (820 m) – Kühtai (2.020 m) – Kematen (610 m) – Völs – Innsbruck (600 m) - Sonnenburgerhof – Schönberg – Matrei am Brenner – Steinach am Brenner – Gries a. Brenner – Brenner (1.377 m) – Sterzing – Jaufenpass (2.090 m) – St. Leonhard im Passeiertal – Timmelsjoch (2.509 m) – Sölden (1.377 m).
Die BIG FOUR:
Kühtai:
Passhöhe: 2.020 Meter
Verbindung Ötz - Kematen
Maximale Steigung: max. 18% ; 1200 HM; 18,5 KM
Brennerpass:
Passhöhe: 1.377 Meter
Verbindung Steinach am Brenner (Tirol) - Sterzing (Italien/Südtirol)
Maximale Steigung: max. 12 %; 777 HM; 39 KM
Jaufenpass:
Passhöhe: 2090 Meter
Verbindung: Sterzing - St. Leonhard im Passeier
Maximale Steigung: max. 12 %; 1130 HM; 15,5 KM
Timmelsjoch:
Passhöhe: 2.509 Meter
Verbindung: St. Leonhard im Passeier (Italien/Südtirol) - Sölden (Tirol)
Maximale Steigung: max. 14 %; 1759 HM; 28,7 KM
Richtzeit:
Kreisverkehr Ötz, 820m
Berg Isel, Innsbruck, 600m
Kreisverkehr, Sterzing, 948m
Kreisverkehr, St. Leonhard, 689m
Checkpoint, Top Mountain Crosspoint, 2150m
Lang, hart und Spaß pur - Und wir, Johannes, Andreas und Hannes, waren dabei!
Nachsatz:
Ein Blick in die Ausschreibung zeigt eine sehr gute Organisation!
Was ist, wenn etwas passiert?
Ein TEAM von MECHANIKERN ist unterwegs!
Die Mechanikerteams versuchen gestrandete Bikes wieder flott zu machen. Die Mechaniker kennen sich bestens aus und entscheiden welches Moped noch repariert werden kann und welches für heute leider das Zeitliche gesegnet hat.
„Dein Bike und du habt im schlimmsten Fall einen Sitzplatz beim Besenwagenteam gewonnen!“
WAS PASSIERT BEI EINER PANNE?
Fakt ist, ein Moped funktioniert NIE wenn man es braucht! Wir haben für euch ausreichend Pritschenwagen und Taxidienste zur Rückholung bereit gestellt.
Der Ablauf im Falle einer Panne ist folgender:
· Stage
1:
Versuche dein Bike selbst zu reparieren!
Problem gelöst: Passt eh!
Problem besteht noch: ...weiter zu Stage 2
· Stage
2:
Warte auf einen anderen Biker und bitte um Hilfe!
Problem gelöst: Passt eh!
Problem besteht noch: ...weiter zu Stage 3
· Stage
3:
Das Bike funktioniert immer noch nicht!
Problemlösung: Rufe in der Leitstelle an und besprich die weiteren Punkte mit deinem Supervisor. Wir haben in jedem Official Car einen GPS Tracker und können dir dann sagen, wie lange es
dauern kann bis du Hilfe bekommst.
Problem besteht noch: Kann nicht
sein!
WICHTIGER HINWEIS: Nur weil es regnet oder dir zu kalt wird ist das kein Grund eine Panne vorzusimulieren. Ein fachkundiger Mechaniker ist überall anwesend und entscheidet, ob das Moped die Reise noch beenden kann oder nicht!
Selbst der Versuch unser Streckenteam zu bestechen führt zur sofortigen und unehrenhaften Disqualifikation! Das Besenwagenteam ist AUSSCHLIESSLICH für Wracks und deren Besitzer da!
Der Besenwagen:
Wenn der Mechaniker der Meinung ist, dass dein Hobel wirklich nicht mehr läuft, dann kannst du dir eine Retourkutsche aussuchen und wirst mit samt deiner Krücke zurück nach Sölden ins Ziel gebracht.
Gegen Vorlage deines Riderpasses, Zulassung oder irgendwas was dich als Besitzer des Wracks ausweist, bekommst du dein offensichtlich schlecht gewartetes "Schrottbike" wieder zurück.
ES KOMMT SAUWETTER!
Egal, gefahren wird bei JEDEM Wetter!
Fazit:
Ein Mann muss tun, was er tun muss!
„Dabei sein ist alles“
- war uns definitiv zu wenig.
Wir reisen nicht 700 km vom Weinviertel nach Tirol an, um als Letzter in der Tabelle zu landen.
Man überholt vielleicht ein paar, aber dann muss man wieder stehen bleiben um zu pinkeln, Zündkerzen wechseln, Kraft zu tanken oder einfach nur die Aussicht wirken zu lassen. - So trifft man sich den ganzen Tag immer wieder vier - bis fünfmal.
Kameradschaft steht im Vordergrund:
Eine gemeinsame Ausfahrt, mit dem erklärten Ziel, dass alle gemeinsam wieder gesund zurückkehren.
DAS ist es! Da erlebt man eine Kameradschaft, wo einer dem anderen weiterhilft. Bei einer so großen Gruppe ist für fast jedes Problem einer dabei, der eine
Lösung findet.
Ein echter Mopedfahrer hat seine Ausrüstung selbst dabei! Beginnend bei einer Hand voll Zündkerzen, dem passenden Schlüssel und dem passenden Öl.
„Wo schaut denn bei diesen unmenschlichen Strapazen eigentlich die Mopedfahrergewerkschaft hin?“
Wenn uns kalt war half es das Moped den Berg hinauf zu schieben.
Ob HMW, PUCH oder KTM - ALT ABER GUT –
Das war „Österreichische“ Fahrzeug-Qualität beim Ötztal-Moped-Marathon!
– und jetzt sage noch einer, diese Mopedfahrer würden für ihre alte Liebe keine Strapazen auf sich nehmen.
HMW-Zweirad
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