1958 – Die Baukastenmodelle, gefertigt in Kottingbrunn

 

 

 

 

 

Die Saison 1958 brachte erstmals ein neues Modell im sogenannten „HMW-Baukastensystem“. Die Grundtype „HMW 50/2 SA“ – „Standard“ konnte durch Zu- oder Umbau verschiedener Teile in mindestens elf weitere Modelle umgewandelt werden. Für die Vorderradfederung gab es drei Versionen; Teleskopgabel, Kurzarmschwinge oder Langarmschwinge System „Earles“. Die hier verwendete Kurzarmschwinge glich im Prinzip der des Modells „50 LP/2“ aus dem Vorjahr, besaß jedoch nicht mehr Stahlfedern, sondern Ringgummielemente als Federung. Die Straßenlage wurde dadurch merklich verbessert. Weiters gab es noch die Wahlmöglichkeit zwischen einem 5,2 l oder 6 l-Tank verchromt oder emailliert, offenem Kettenschutzblech oder geschlossenen Kettenkasten, 2 – Gang oder 3 – Gang-Motor mit oder ohne Gebläsekühlung, ein- oder zweisitzig, mit oder ohne Zierleisten.

 

Auf Wunsch waren auch Motorabdeckungen mit oder ohne verchromten Ziergittern und Beinschutzbleche erhältlich. So konnte aus einem relativ einfachen Fahrzeug ein pompöser chromblitzender Straßenkreutzer entwickelt werden. Für den Export gab es noch Versionen mit 50 ccm- und 60 ccm Kickstartermotoren, Trittbrett mit Fußbremse, 10 l Büffeltank und verchromten zierschalen am Vorderrad. Die aus diesen vielen Möglichkeiten resultierenden Typenbezeichnungen stifteten naturgemäß große Verwirrung unter den Käufern.

 

Nachfolgend einige Beispiele von Typenbezeichnungen:

 

„50/2 – SA“, „50/2 – L“, „50/3 – L“, „50/3 G – L“, „50/3 – SL“, „50/3 G – SL“, „50/3 G – SLR“, „50/3 G – SLRK“, „50/3 G – LT“, „50/3 G – SLT“, „50/3 GK – SSRK“, „50/2 – S“, „50/3 – SS“, „50/3 – SST“, „50/3 – SSR“, „60/3 K – LMS“, „60/3 K – LML“ usw.

 

 

Dass sich bei dieser Vielfalt selbst Eingeweihte nicht mehr zurechtfanden, ist sicher verständlich. Die ersten Anzeichen des Niedergangs wurden langsam sichtbar. Die neuen Werksanlagen in Kottingbrunn waren im Sommer 1958 nahezu fertiggestellt; somit konnte im Herbst dieses Jahres die Produktion voll anlaufen.

 

Produziert wurden hier auch die neuen Bremsnaben auf Steckachse mit Kugellagern und eingebautem Tachoantrieb. Diese waren qualitativ wesentlich besser als die bisher verwendeten Naben der Firma „F. Forli“ aus Italien.

 

Bei der offiziellen Werkseröffnung im Herbst 1958 waren auch viele bekannte Politiker, wie z.B. Bundeskanzler Julius Raab, Staatssekretär Dr. Hermann Withalm und Oskar Helmer anwesend. Obwohl man in der Nähe des Werksgeländes auch neue Wohnhäuser errichtet hatte, waren viele Beschäftigte nicht bereit, nach Kottingbrunn zu übersiedeln. Deshalb mussten einige Produktionsabläufe weiterhin in Hallein abgewickelt werden.

 

Während man hier die Mitarbeiter schrittweise abbauen musste, wurden im gleichen Maße Fachkräfte für Kottingbrunn gesucht.

 

Dieses hatte auch Auswirkungen auf die Qualität. Fehlerquellen und Mängel häuften sich, da gute Facharbeiter schwer zu bekommen waren. Im Werk Hallein soll es auch zu Sabotageakten von übersiedlungsunwilligen Beschäftigten gekommen sein.

 

Diese hatten ja de facto nichts mehr zu verlieren, da die komplette Absiedelung nach Kottingbrunn beschlossene Sache war.